(M)Einblicke

lieben - leben - frei sein

Donnerstag, 11. Juni 2009

Eine kleine Geschichte

Das kleine Mädchen stand erschüttert, zerstört im Flur. Traurig sah es die Mutter in der Stube gegenüber am Bügelbrett stehen. So gern wäre sie in ihre schützenden Arme geflüchtet. Aber das soeben gehörte, ließ sie zögern. Dieses unsägliche Geheimnis, das von nun an für sehr lange Zeit ihr Leben bestimmen würde, lag so schwer auf ihrer Seele, dass sie sich nicht mal zu bewegen wagte.
Er hatte alles zerstört. Hatte jede ihre Zellen traumatisiert. Sie hatte versagt. Dabei hatte sie alles gegeben, was ihr mit ihren fünf Jahren zur Verfügung stand. Er wollte sie verlassen. So viel Hass und Wut lagen in seinen Worten. Dieser Verrat! Und wie sollte sie ihre Mutter schützen. Sie hatte es zu ihrer Aufgabe gemacht. Es gab keine Worte für das, was sie in ihrem kindlichen Wissen ahnte und spürte. Aber es war da - und es wollte geheilt werden. Und sie sah, dass die, die die Verantwortung haben sollten, nicht heilen konnten. Die Zerstörung war zu groß gewesen, die sich wie ein Band durch die Generationen zog.
Und so schlich sie leise in ihr Bett, dass ihr vorkam wie ein Grab. Sie starb dort in dieser kalten Nacht. Alle Erinnerungen gab sie ab, überließ sie dem Schmerz - und vergaß ihn. Und so konnte der Schmerz sein Unwesen treiben. All die Jahre in denen die Traurigkeit, die Verwirrung und die Angst ihr Leben bestimmten.

Aber eines Tages - als dieses Bild wieder vor ihren Augen aufblitzte - traute sie sich, nachzufragen. Sie folgte dem Bild, folgte dem Mädchen, stellte sich und forderte heraus. Sie hatte den Mut! Und sie hatte Freunde. In ihren Träumen waren sie da, um sie zu führen, sie zu schützen. Zuerst der Hirsch, der sie an ihre Schönheit und ihren Edelmut erinnerten. Daran, dass sie im Alleinsein Ruhe und Kraft sammeln konnte. Ihm folgte der muntere Frosch, der mal auf mal ab den Weg fast unbemerkt auf sein Ziel zusprang. Er gab ihr Frohsinn und ließ sie frech ihren Weg hüpfen. Ihr kleiner Frosch führte sie zu der weisen Frau in ihrer Höhle, die ihr einen Schlüssel gab, ihr einen Apfelbaum pflanzte, der wie von Zauberhand Äpfel trug und an deren Ast sie eine Schaukel hängte, um bis in die Wolken zu fliegen. Den Schlüssel vergrub das Mädchen am Fuße des Baumes. Sie würde ihn brauchen - aber zunächst war er dort sicher. Und sie machte sich gestärkt, beruhigt und unbeirrt weiter auf ihren Weg.
Als ihre Angst und ihr Schmerz am größten war, waren es Schweine, bei denen sie rasten und sich pflegen lassen durfte. Die Schweine fragten nicht nach Versagen, nach Aussehen. Sie stellten keine Fragen und ließen sie in ihrer Mitte gesund werden. Aber sie brach zusammen und wurde von liebevollen Feen und Elfen in einer Lotusblüte gepflegt, bis sie strahlend und liebevoll sich wieder weiter aufmachen konnte.
Ihr Weg führte sie nach Birkenlund. Birkenlund ist ein Ort in ihrem Herzen, den sie sich bewahrt hatte. Dort war alles heil und hell, freundlich und gütig. Und vor allem verläßlich! An diesem Ort durfte sie Fragen stellen, die ihr sogleich beantwortet wurden. Sie erfuhr, dass jeder Mensch seine Aufgabe hat, die er selbst zu erledigen hat. Und dass niemand das Recht hat, diese Aufgabe zu übernehmen ungefragt. Das erschien ihr neu. Aber sie verstand. Tief in sich spürte sie es. Und sie ließ los. Immer mehr. Die Wut, die Verwirrung, der Schmerz - sie lösten sich auf. Und plötzlich wußte sie, in welches Schloss der Schlüssel am Fuße des Apfelbaumes paßte. Nur dieser Schlüssel konnte ihr Herz wieder öffnen.

Und eines Nachts stand ihr Vater wieder an ihrem Bett. Er dankte ihr von Herzen, dass sie ihn gehen ließ, damit er seine eigene Reise fortsetzen konnte. Und er brachte ihre Mutter mit, deren Heilung schon vollzogen war. Beide umarmten ihr Kind - und verließen es wieder, nicht ohne Liebe und Licht dort am Bett zu lassen.
Denn am Ende ist es immer die Liebe, die heilt und bleibt. Sie ist ewig, hat tausend Namen - aber nur eine Kraft... Spürst Du sie? Jetzt gerade? - Genau! Sie ist immer da.

2 Kommentare:

  1. gestolpert....über...einen wunderschönen blog...liebste grüße Barbara

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  2. deine Geschichte ist ähnlich wie meine eigene, ich habe wie gebannt weiterlesen müssen.....undnochmal von vorne wieder angefangen ....meine Güte , wo ist die her?

    Liebe Grüsse
    martina

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