(M)Einblicke

lieben - leben - frei sein

Dienstag, 20. Januar 2009

Heil werden



Oh ja, manchmal tut es weh - so als ob es Dich zerreißen will! Doch Du kannst auf Dich aufpassen. Du kannst Dich zusammennehmen oder laut schreien. Du hast die Wahl, die Möglichkeit der Entscheidung. Der Schmerz dauert länger als einen Bruchteil einer Sekunde. Dieser Schmerz geht vorbei - und das Verschwinden empfindest Du als Wohltat, siehst danach alles heller, bunter, einfach anders. Du schreitest los zu neuen Taten.
Manchmal jedoch ist der Schmerz kaum spürbar, er ist so kurz und so tief, dass unser Schutzsystem ihn einfach ausblendet, ihn verstößt. Er bleibt nur irgendwo gespeichert in unserem Körper und kann hier sein Unwesen treiben. Und das tut er auch, er spielt Schabernack mit uns, ein Versteckspiel. Vor diesem Schmerz können wir uns nicht schützen, weil wir ihn nicht bemerken. Manche Menschen trifft er mehr als andere. Jeder hat Schwachstellen, jeder an seiner sehr persönlichen Stelle.

Dieses Loch im Schutzfeld kann uns aber ein Wegweiser sein. Er kann uns ans andere Ufer bringen. Der Weg ist vielleicht ein weiter und beschwerlicher. Aber umso größer ist dann die Erleichterung, wenn wir angekommen sind.

Wie finden wir dieses Loch in unserem Schutzmantel? Wie finden wir heraus, wo genau diese Verletzung stattgefunden hat...

Ich bin mir sicher, dass alles, was 'wichtig' für uns ist, sich im Hier und Jetzt zeigt. Wir müssen nicht wühlen und graben, uns auf den Kopf stellen und durchleuchten. Es ist nicht notwendig, jahrelang den Schmerz vergangener Tage immer wieder und wieder zu durchleben. Er ist hier und jetzt! Wir müssen nur achtsam sein, bewußt die Augen offen halten. Dann sehen wir ihn. Er liegt wie ein klarer See vor uns. Die Erkenntnis schmerzt oft. Aber hier haben wir wieder die Wahl - lauf ich weg oder gehe ich hindurch. Wenn ich sicher bin, getragen zu werden, gehütet und bewacht - dann kann ich gehen. Mutig voran! Wie auch immer ich meine Sicherheit nenne, ich kann gehen. Ich schaffe das. Unser Verstand ist unser Instrument, das uns schützt, aber auch begrenzt. Er warnt uns - vor der Gefahr, vor dem Schmerz. Er läßt uns unseren Untergang erahnen, wenn wir nur einen nächsten Schritt tun. Und dann halten wir ein. Weil wir gelernt haben, auf unseren Verstand zu vertrauen. Aber wenn die Angst im Raum ist, läßt er uns keine Wahl. Und die ist wichtig, um über unsere Grenzen hinwegzugehen. Manchmal reicht ein Millimeter. Wenn wir diese Hürde geschafft haben, geht es wie von selbst... Wir müssen nur losgehen.
Unser Schmerz präsentiert sich im Jetzt und Hier. Wenn uns immer wieder ähnliche Dinge passieren, wenn wir immer wieder an 'diesselben' geraten, dann lohnt es sich, mal genauer hinzusehen. Und ich kann wirklich nur ermutigen, das zu tun. Anzunehmen, was da im Raum steht. Nicht bewerten, nicht verurteilen. Einfach nur annehmen. Tief durchatmen, es aushalten - sich befreien. Sozusagen der Angst für einen kurzen Moment die Stirn bieten. Vielleicht fließen Tränen - gut so. Es ist ja auch ein Abschied von Bekanntem, von Vertrautem. Kinder trauern auch um Eltern, die misshandelt haben. Es ist kein Widerspruch. Es ist einfach so.
Und dann können so wundervolle Dinge passieren. Die Richtung ändert sich. Je tiefer der Schmerz sass, umso größer ist die Befreiung, umso erstaunlicher ist das, was dann folgt. Wie dieser Schmerz entstanden ist, ist gar nicht so wichtig. Denn dieses Wissen läßt uns zu oft 'Schuldige' suchen. Dann bleiben wir stehen, gehen nicht mehr weiter.
Alles, was ich schreibe, jeder Gedanke erwächst aus dem tiefen Wissen, dass unser Platz, den wir haben, der allerbeste für uns ist. Aus dieser Überzeugung heraus bin ich losgegangen... Und ich habe noch keinen Schritt bereut. Soviel Schmerz konnte ich in Gewinn umwandeln. Ich mußte mit niemandem 'abrechnen'. Nein, ich habe mir alles zunutze gemacht. ;-)
Sooo sicher war ich mir, dass ich hier am falschen Ort wäre, die falschen Eltern hatte. Heute weiß ich, ich hätte so unendlich vieles niemals entdeckt oder würde es als so großes Geschenk annehmen, wäre alles wie in meiner Vorstellung gewesen. Seit ich genauer hinsehe, habe ich so viele wunderbare Menschen kennengelernt. Und sie veränderten sich. Bei Materialisten und Ängstlichen angefangen, traf ich plötzlich lauter Schöngeister, Menschen, die zu ihren Gefühlen stehen und dennoch stark sind, weil sie sind, wie sie sind. Und so konnte ich sehen - meine Entwicklung lief parallel zu den Veränderungen in meiner äußeren Welt. Und wie großartig erlebe ich das. Wie sehr weiß ich jeden einzeln zu schätzen und zu würdigen!

Es ist wie eine Lotusblüte... In der Mitte finden wir uns. Es ist ein Kraftakt, die einzelnen Blütenblätter auseinanderzubiegen. Aber jedes einzelne Blatt ist Teil dieser Blüte und macht sie zu der einen ganzen besonderen Schönheit. Unser Schmerz kann uns soviel Wunderbares schenken - wenn wir ihn lassen. Es ist unsere Entscheidung. Es ist auch gut, dort stehenzubleiben - an dem vermeindlich sicheren Ort. Aber ich will mehr, ich will wachsen...

Und vor allem möchte ich heil sein. Geborgen in der Grenzenlosigkeit, getragen im Ganzen möchte ich fühlen, ertasten und was ich erahne, möchte ich erleben. Ohne Angst vor Schmerz, Trauer und Wut. Denn das sind Illusionen - letztlich gibt es doch nur die Liebe!

3 Kommentare:

  1. Anke, mir fehlen die Worte! Ich schicke Dir eine Träne der Freude...danke für diese tief bewegenden Worte!
    In tiefster Verbundenheit...

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  2. Du bist eine Philosophin!

    LG
    Nani

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  3. Und, hast du sie angerufen??;-)

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